Erfahrungsbericht zur Anwendung des Spiels „Identitätenlotto“ im Rahmen eines Uni-Seminars

Spielbericht von Antonia Rosa Wolf, Universität Hildesheim, 2024

Im Rahmen einer Lehrveranstaltung zum Thema Sozialstrukturanalyse, mit besonderem Fokus auf das sozialstrukturelle Merkmal Geschlecht, wurde das Spiel erfolgreich eingesetzt. Innerhalb von 90 Minuten hatten die Studierenden die Möglichkeit, sich mit dem Konzept und den Spielregeln vertraut zu machen, das Spiel zu beginnen und abschließend zu reflektieren. Die Spieltische waren schnell aufgebaut, die Gruppen gebildet, und der Spielbetrieb konnte zügig starten. Schon bald war im Raum eine Vielzahl von Dialogen zwischen den Spielenden zu hören.

Zu Beginn war es für die Studierenden nicht immer einfach, sich vollständig in ihre jeweiligen Rollen hineinzuversetzen. Insbesondere zögerten einige, Entscheidungen oder Antworten zu treffen, die sie als “nicht in ihrer eigenen Identität liegend” empfanden. Diese Hemmung wurde jedoch in der abschließenden Reflexion als besonders aufschlussreich erachtet, da sie die oft unbewussten Hindernisse im Alltagskontext verdeutlichte. Wie eine Studentin anmerkte, sei es eine Erkenntnis, dass diese Nicht-Zurückhaltung “zu Unrecht” auch im realen Leben häufig vorkomme.

Eine interessante Diskussion entbrannte in Bezug auf die Startbedingungen im Spiel: Sollten zu Beginn des Spiels bereits unterschiedliche Ressourcensteine je nach Identität vergeben werden, um ungleiche Startchancen sichtbar zu machen? Die einen argumentierten, dass dies die sozialen Ungleichheiten im Spiel noch deutlicher hervorheben würde, während andere die Bedenken äußerten, dass eine solche Maßnahme zu einer ungewollten Hierarchisierung und Bewertung von Identitäten führen könnte. Diese Diskussion war sehr aufschlussreich und zeigte, wie tief das Spiel die Studierenden dazu anregte, über gesellschaftliche Strukturen und Privilegien nachzudenken.

Besonders positiv hervorgehoben wurden die Wissenskarten, die es den Studierenden ermöglichten, auf bereits vorhandenes Wissen aus dem Seminar und persönlichem Vorwissen zurückzugreifen, und gleichzeitig neue Einsichten zu gewinnen. Auch das Spielbrett fand viel Anerkennung, da es eine ideale Grundlage für die abschließende Reflexion bot und den Übergang von der spielerischen Erfahrung hin zu theoretischen Überlegungen erleichterte. Insgesamt erwies sich das Spiel als hervorragend zugänglich und als eine wertvolle Ergänzung zu den theoretischen Inhalten des Seminars. Besonders im Hinblick auf die oftmals als sensibel empfundenen Themen rund um soziale Ungleichheit und Diskriminierung trug die spielerische Auseinandersetzung dazu bei, das Seminarklima zu fördern und ein gemeinsames Fundament für weiterführende Diskussionen zu schaffen. Die Reflexion über das Spiel führte nicht nur zu einem vertieften Verständnis der behandelten Themen, sondern stärkte auch das zwischenmenschliche Miteinander unter den Studierenden.

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